Die Baufinanzierung ohne Eigenkapital – was ihr als Kreditnehmer beachten solltet

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Bis vor einigen Jahren waren für den Kauf oder den Neubau einer Immobilie größere finanzielle Mittel in Form von Eigenkapital – in der Regel mindestens 20 Prozent – notwendig. Viele Banken bieten heutzutage auf Wunsch auch eine Vollfinanzierung ohne Eigenkapital an. Selbst Finanzierungen bis zu 110 Prozent des Kaufpreises, bei denen noch die Erwerbsnebenkosten mitfinanziert werden, sind mittlerweile möglich.

Der Kredit ohne Eigenkapital bietet gegenüber der klassischen Finanzierung Vorteile, ist aber auch mit Risiken verbunden. Lest hier, worauf es bei einer Vollfinanzierung beim Hausbau ankommt und was ihr beachten solltet.

Gängige Finanzierungsformen für eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital

Für eine Vollfinanzierung bieten sich zwei übliche Tilgungsvarianten an: Das Annuitätendarlehen und das Festdarlehen mit Tilgungsersatzleistung. Die gängigste und in der Regel auch günstigste Finanzierungsform für den Bauherren oder Immobilienkäufer ist das Hypothekendarlehen. Zur Sicherung des Kredites stellt der Kreditnehmer seiner Bank eine Grundschuld zur Verfügung.

Das Darlehen wird dann in gleichbleibenden Raten, Annuitäten genannt, zurückgezahlt. Die monatliche Rate, die sich aus Zinsen und Tilgung zusammensetzt, bleibt während der Festschreibungszeit gleich hoch. Die anfängliche Tilgung beträgt in der Regel zwischen ein und drei Prozent der Kreditsumme. Der Tilgungsanteil erhöht sich im Laufe der Zeit, während sich der Zinsanteil reduziert.

Eine Variante des Bankdarlehens ist das Festdarlehen mit Tilgungsersatzleistung. Hier ist in der monatlichen Rate keine Tilgung eingerechnet. Der Tilgungsanteil wird in eine Kapitalanlage, wie zum Beispiel eine Kapitallebensversicherung oder eine private Rentenversicherung, eingezahlt. Am Ende der Kreditlaufzeit wird das Darlehen durch die Auszahlung der Kapitalsumme getilgt.

Unter bestimmten Voraussetzungen beteiligen sich auch der Staat sowie einzelne Bundesländer und Kommunen beim Neubau oder der Finanzierung einer Wohnimmobilie. Je nach Angebot sind Förderungen durch Steuervorteile, staatliche Zulagen, vergünstigte Zinsen oder auch Zuschüsse möglich.

Was zählt eigentlich alles zum Eigenkapital?

Unter das Eigenkapital fallen alle finanziellen Mittel, die sich für den Kauf oder Neubau einer Immobilie freimachen lassen. Eigenkapital ist mehr als nur das Ersparte auf dem Giro- oder Sparkonto. Es lohnt sich also, genau nachzuprüfen, was alles als Eigenkapital in die Finanzierung eingebunden werden kann. Dazu gehören beispielsweise:

  • Geldanlagen und Wertpapiere, Fondssparpläne und Lebensversicherungen
  • Privatdarlehen innerhalb der Familie
  • Arbeitgeberdarlehen
  • bestehende Immobiliensicherheiten (Grundstücke und bereits abbezahlte Immobilien)
  • der Bausparvertrag
  • Eigenleistungen im Neubau durch handwerklich begabte Bauherren (die sogenannte „Muskelhypothek“)
  • Fördergelder durch Förderbanken der Bundesländer

Die Vorteile der Baufinanzierung ohne Eigenkapital

Nicht immer muss ein Teil der Darlehenssumme in Form von Eigenkapital erbracht werden. Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch eine Vollfinanzierung möglich. Die Baufinanzierung ohne Eigenkapital hat den Vorteil, dass sich der Kreditnehmer auch ohne vorherige Sparphase den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen kann. Aufgrund der günstigen Raten durch historisch niedrige Zinsen nutzen zunehmend mehr Bauherren die Möglichkeit, ohne lange Ansparphase direkt ins eigene Heim einziehen zu können.

Der größte Vorteil einer Baufinanzierung ohne Eigenkapital besteht darin, dass der Käufer bzw. Bauherr trotz Immobilienprojekt seine Liquidität erhält, da er kein eigenes Vermögen verwerten muss. Die Voraussetzung hierfür ist jedoch ein entsprechend hohes Einkommen. Die Bank als Kreditgeber wird daher sehr genau darauf achten, ob der Kunde seinen Verpflichtungen langfristig nachkommen kann.

Die Nachteile der Baufinanzierung ohne Eigenkapital

Eine Vollfinanzierung ist mit höheren Risiken verbunden als eine Finanzierung mit Eigenkapital und sollte daher sehr genau geprüft werden. Wer keine Eigenmittel in die Finanzierung einbringt, benötigt deutlich höhere Kreditsummen, die wiederum mit höheren Kreditraten und Zinsaufschlägen verbunden sind.

Aufgrund der aktuell niedrigen Zinsen ist es zwar möglich, die Raten gering zu halten, allerdings droht mit Ablauf der Zinsbindung ein deutlicher Ratenanstieg, falls die Leitzinsen bis dahin steigen sollten. Viele Kreditnehmer haben zudem zur Senkung ihrer Raten eine sehr niedrige Anfangstilgung vereinbart. Dadurch reduziert sich die Kreditsumme in den ersten Jahren nur minimal, was zu einer hohen Restschuld am Ende der Zinsbindung führt.

Eine Finanzierung ohne Eigenkapital ist deutlich teurer als eine herkömmliche Finanzierung. Hohe Zins- und Tilgungsbelastungen führen über einen sehr langen Zeitraum zu wirtschaftlichen Einschränkungen. Die Nebenkosten einer Immobilie wie Instandhaltung und Pflege erfordern zudem Rücklagen. Hierfür sollte stets ausreichend finanzieller Spielraum vorhanden sein.

Wer zu knapp kalkuliert, geht hohe Risiken ein. Droht dann durch Arbeitsplatzverlust, Krankheit oder Scheidung eine Reduzierung des Einkommens, ist das Aufbringen der hohen Kreditkosten meist nicht mehr möglich. Schlimmstenfalls drohen der Verlust und die Verwertung der Immobilie.

Wer bekommt in der Regel einen Kredit ohne Eigenkapital?

Der Vorteil einer Baufinanzierung ohne Eigenkapital steht und fällt mit der Bonität und der Einkommenssituation des Kreditnehmers. Bei der Vergabe eines 100-Prozent-Darlehens erwarten Banken eine überdurchschnittliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Kunden. Das Einkommen des Bauherren sollte nicht nur für Kreditraten und Lebensunterhalt, sondern auch für Rücklagen und unvorhersehbare Ausgaben wie Neuanschaffungen, Reparaturen und Modernisierungen ausreichen.

Wer über ausreichend finanziellen Spielraum verfügt, um die hohen Tilgungsbelastungen dauerhaft aufbringen zu können, hat mit der Vollfinanzierung ein flexibles Instrument an der Hand, um den Wunsch nach der eigenen Immobilie ohne Verwertung eigenen Vermögens umzusetzen. In allen anderen Fällen sollten die unkalkulierbaren Risiken einer dauerhaft hohen Kreditkostenbelastung unbedingt bedacht werden.

Fazit

Ob mit oder ohne Eigenkapital, eine Finanzierung sollte stets gut geprüft und mit spitzem Bleistift gerechnet werden. Eine exakte Planung und eine detaillierte Aufstellung aller zu erwartenden Kosten ist daher unerlässlich.

Die Entscheidung für eine Vollfinanzierung ist letztendlich abhängig von der persönlichen Lebenssituation des Bauherrn. Für einkommensstarke Kreditnehmer stellt sie eine interessante Alternative zur klassischen Finanzierung dar. Wenn alles passt, spricht nichts dagegen, sich den Traum vom Eigenheim auch ohne Eigenkapital zu verwirklichen.

Habt ihr bereits Erfahrungen mit einer Vollfinanzierung oder plant ihr eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital? Dann freuen wir uns, wenn ihr eure Erfahrungen mit anderen Lesern teilt, indem ihr einen Kommentar hinterlasst.

Bildquelle: rawpixel | Unsplash

2 CommentsKommentar hinterlassen

  • Es war sehr interessant zu erfahren, was alles zum Eigenkapital zählt. Wenn es darum geht ein Haus oder eine Wohnung tatsächlich zu kaufen, langen die Ersparnisse aber oft nicht aus. Daher hat ein Freund nun sein Wunschhaus per Baufinanzierung erworben. Dort wurde er finanziell unterstützt und musste so nicht sämtliche Ersparnisse in seine Eigenwohnung investieren.

    • Hallo Frau Bertrand,

      die Finanzierung stellt beim Hausbau stets eine sehr große Hürde dar. Daher ist es wichtig, sich ausgiebig damit zu beschäftigen. Wege gibt es jedoch genügend, um sich das Traumhaus realisieren – so wie ihr Freund es getan hat. Es freut uns, dass er ausreichend Unterstützung bekommen hat.

      Liebe Grüße, Ihr BauMentor-Team.

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