Der Bau-Turbo ist beschlossen – wird das Bauen jetzt viel leichter?

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Bauen in Deutschland ist nicht nur teuer, sondern auch sehr komplex. Viele Vorschriften und Verordnungen sorgen dafür, dass es von der Planung bis zur Baugenehmigung sehr lange dauern kann. Der Bau-Turbo soll jetzt für Abhilfe sorgen – hier werfen wir einen Blick auf die von Bund und Ländern geplanten Maßnahmen.

Weniger rechtliche Hürden dank Bau-Turbo

Am 6. November haben sich Bundeskanzler Olaf Scholz und die Ministerpräsidenten aller Bundesländer auf eine Reihe von Gesetzesänderungen geeinigt. Das gesamte Paket bezeichnet das Bauministerium selbst als “Bau-Turbo-Pakt für Deutschland”. Vor allem geht es darum, die Planung und die Genehmigung von Projekten zu beschleunigen.

Speziell dort, wo es einen hohen Bedarf gibt, sollen auf diese Weise mehr neue Wohnungen entstehen. Dazu können zum Beispiel Baulücken oder andere brachliegende Flächen genutzt oder sogar Dächer bebaut werden. Langfristig will die Politik auf diese Weise dafür sorgen, dass die vielerorts sehr hohen Mieten stabil bleiben oder sogar ein wenig sinken.

Konkrete Maßnahmen für weniger Bürokratie

Ein wichtiger Aspekt im Bau-Turbo-Pakt ist der mögliche Verzicht auf einen Bebauungsplan. Diesen müssen Städte oder Gemeinden erstellen, bevor überhaupt Wohngebäude entstehen können. Künftig soll ein solcher Plan – zumindest für einen gewissen Zeitraum – nicht mehr nötig sein, wenn die jeweilige Gemeinde zustimmt. Dadurch sollen die Bauämter vor Ort deutlich entlastet werden.

Darüber hinaus sollen die einzelnen Länder ihre Vorgaben vereinheitlichen. Bauministerin Klara Geywitz sagt zu diesem Thema:

“Bislang mussten Bauunternehmen in jedem Bundesland separate Baupläne vorlegen, weil es zum Beispiel besondere Vorgaben für die Höhe von Geländern gab. In Zukunft kann durch einheitliche Vorgaben deutschlandweit schneller geplant und gebaut werden.”

Quelle: Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen

Weitere Punkte betreffen Bauanträge im vereinfachten Genehmigungsverfahren. Diese gelten nach drei Monaten automatisch als genehmigt, wenn es innerhalb dieses Zeitraums nicht zu einer anderen Entscheidung durch die zuständige Behörde kommt.

Für den Umbau von Dachgeschossen zu Wohnzwecken sollen demnächst sogar gar keine Genehmigungen mehr nötig sein. Und schließlich fällt für Aufstockungen oder Umbauten auch die Pflicht weg, einen zusätzlichen Kfz-Stellplatz zur Verfügung zu stellen.

Industrie noch nicht komplett zufrieden

Aus der Baubranche gibt es zu den geplanten Maßnahmen natürlich Lob, aber auch einige kritische Stimmen. Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, freut sich darüber, dass wichtige Forderungen aus seiner Branche tatsächlich besprochen wurden.

Allerdings dürfe es nicht nur bei Ankündigungen bleiben. Sowohl der Bund als auch die Länder müssen die Maßnahmen nämlich noch durch Änderungen der entsprechenden Vorschriften und Gesetze in die Praxis umsetzen. Wie lange das dauert, lässt sich derzeit jedoch noch nicht absehen.

Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe, eine weitere Organisation der Baubranche, begrüßt die Ankündigungen ebenfalls. Allein die Harmonisierung der verschiedenen Bauordnungen der Länder dürfte bereits mehr Tempo in den Wohnungsbau bringen, sagt Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Verbands.

In der Praxis gebe es jedoch noch weitere Aspekte, die sich ebenfalls negativ auswirken, betonte Pakleppa. Als Beispiel dafür nannte er die Genehmigung von Schwertransporten, die komplett neu beantragt werden müsse, “weil der Unternehmer einen kleineren Bagger zur Baustelle transportieren will”.

Der Bau-Turbo-Pakt und die Auswirkungen auf private Bauherren

In der Praxis dürfte sich der Bau-Turbo-Pakt nicht sehr stark auf euch auswirken. Vor allem, wenn ihr gerade schon in den Vorbereitungen für den Bau eines eigenen Hauses seid.

Gerade die Regelung zum genehmigungsfreien Ausbau von Dachgeschossen ist allerdings auch für viele private Haushalte attraktiv. Diese waren in der Vergangenheit oft von komplizierten Verfahren abgeschreckt worden, durch die die Planung sehr aufwändig – und somit teuer – wurde.

Darüber hinaus soll es in Zukunft allerdings auch einen neuen Gebäudetyp geben. Mit dem sogenannten “Gebäudetyp E” könnten ganz unterschiedliche Bauvorhaben in Zukunft günstiger und innovativer werden. Das könnte sich natürlich auch auf den Bau von ganz normalen Einfamilienhäusern auswirken.

Gebäudetyp E – einfacher und experimenteller bauen

Eine Maßnahme des Bau-Turbos ist die Einführung des neuen Gebäudetyps E. Das “E” steht dabei für “einfach”, allerdings ist das noch längst nicht alles. Das Bauministerium selbst sagt dazu, dass künftig “kreativ und kostengünstig” geplant und gebaut werden soll.

Bis zum Ende des Jahres will das Ministerium dafür eine Leitlinie und Prozessempfehlung vorlegen. In der Praxis wird es also noch ein wenig dauern, der Typ E dürfte jedoch schon in einigen Monaten Wirklichkeit werden.

Unnötige Standards vermeiden hilft beim Reduzieren der Kosten

Der neue Gebäudetyp war vor allem von Architekten bereits seit längerem gefordert worden. Diese haben schon lange bemängelt, dass Planung und Bau in einem immer dichteren Dschungel aus Vorschriften und Normen stattfinden. Dabei steht ein perfekter Komfort im Vordergrund, obwohl dieser in der Praxis längst nicht immer nötig ist.

Das Resultat: Bauherren können ihre eigenen Ideen oft nicht umsetzen. Technische Standards lassen sich ebenfalls nicht reduzieren, obwohl sich die Kosten für einen Neubau auf diese Weise deutlich reduzieren lassen würden.

Mit einem reduzierten Regelwerk könnte sich das in Zukunft ändern. Gleichzeitig sehen etwa potenzielle Käufer auf den ersten Blick, dass ein so gebautes Haus eventuell von andernfalls gängigen Standards abweicht. Wie das in der Praxis aussieht, muss natürlich vertraglich genau geregelt werden.

Was haltet ihr von den Maßnahmen, mit denen der Bau-Turbo gezündet werden soll? Wartet ihr mit dem Umbau des Dachgeschosses, bis dafür keine Genehmigung mehr nötig ist? Habt ihr schon die eine oder andere Idee, wie euer neues Haus als Gebäudetyp E geplant werden soll? Wir freuen uns auf eure Meinungen und Ideen in den Kommentaren.

Bildquelle: © PaeGAG | stock.adobe.com

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