Inhalt
- Kein energieeffizientes Haus – zurück ins vergangene Jahrhundert
- Nicht nachhaltig bauen – wie geht das nochmal?
- Nicht nachhaltig bauen und nicht nachhaltig leben – ist das heutzutage möglich?
- Nachhaltigkeit – von der Forstwirtschaft zum Eigenheim
- Nachhaltigkeit – an die Nachfolgegenerationen denken
- Drei Qualitätsmerkmale für nachhaltiges Bauen
- Nachhaltiges Bauen und Zertifizierung
- Nachhaltigkeit als Notwendigkeit
Stellt euch vor, ihr braucht bei eurem Hausbau weder auf Nachhaltigkeit noch auf Energieeffizienz zu achten. Ihr könnt planen und im Grunde genommen ausschließlich an euch und eure eigenen Interessen denken – etwas überspitzt formuliert, ganz einfach egoistisch sein. Kurz gesagt: Ihr würdet kein energieeffizientes Haus bauen und auch nicht nachhaltig bauen. Wie wäre das?
Kein energieeffizientes Haus – zurück ins vergangene Jahrhundert
Grundsätzlich wurde zu jeder Zeit nach dem jeweiligen Erkenntnisstand von Wissenschaft und Forschung gebaut. Die Entwicklung von Wohnraum reicht über Jahrhunderte hinweg von den Anfängen mit Zelten und Hütten bis zu den ersten Häusern.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges begann mit dem damaligen Wiederaufbau auch eine ganz neue Ära für den Bau von privatem Wohnraum – Stichwort: Einfamilienhaus sowie ab den 1960er-Jahren Eigentumswohnung im Mehrfamilienhaus beziehungsweise in der Wohnanlage. Damalige Neuerungen wie Zentralheizung, Fußbodenheizung oder Doppelverglasung bei Fenstern und Türen waren geradezu sensationell. Der heutige Begriff von Energieeffizienz, Umweltschutz oder Nachhaltigkeit war den wenigsten bekannt.
Nicht nachhaltig bauen – wie geht das nochmal?
Nachhaltigkeit ist gleichbedeutend mit Rücksichtnahme – im weitesten Sinne anthropisch auf alles und jeden. Anthrophobie wird als Fähigkeit des Kosmos definiert, sich im und durch den Menschen selbst zu erkennen. Das Gegenteil davon ist misanthropisch, anders gesagt flüchtig, kurzzeitig und rücksichtslos.
Nicht nachhaltiges Agieren wie beispielsweise nicht nachhaltig bauen ist ein eigennütziges Handeln gegenüber den Mitmenschen, der Umwelt und letztlich gegen das eigene Leben. Das ist auf der Grundlage von Artikel 1 Grundgesetz grundsätzlich möglich. An seine Grenzen stößt der Bauherr in dem Moment, in dem er die Interessen seiner Mitbürger und seiner Umwelt tangiert, anders formuliert: beeinträchtigt.
Nicht nachhaltig bauen und nicht nachhaltig leben – ist das heutzutage möglich?
Vor diesem Gesamthintergrund stellt sich die Frage, ob in der heutigen Zeit zu Beginn der 2020er-Jahre eine nicht nachhaltige Lebensweise überhaupt – noch – möglich sein kann.
Die Antwort lautet: Nein. Wie in anderen sozialen Fragen ist auch hier die Gesellschaft gespalten. Die einen leben und bauen nachhaltig, andere sehen das deutlich lockerer oder haben wenig bis kein Verständnis für globale Probleme wie Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit.
Hier ist der Staat mehr denn je gefragt und gefordert. Egoismus und Individualismus der Bürger müssen durch Gesetzgebung und Rechtsprechung gebremst beziehungsweise in richtige Bahnen gelenkt werden.
Mit einem Satz gesagt: Nicht nachhaltig bauen, also kein energieeffizientes Haus zu bauen ist heutzutage nicht – mehr – möglich. Ein solcher Bauantrag würde schlichtweg nicht genehmigt werden. Im Übrigen würde der Bauherr keinerlei öffentliche Förderung in Anspruch nehmen können, was wiederum die Bausumme deutlich erhöht.
Nachhaltigkeit – von der Forstwirtschaft zum Eigenheim
Seinen Ursprung hat der Begriff Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft. Geprägt hat ihn Hans Carl von Carlowitz, Sohn des deutschen Oberforstmeisters Georg Carl von Carlowitz. Der damalige Begriff Nachhaltigkeit bedeutete, dass nicht mehr geerntet werden soll als in der Natur nachwachsen kann.
So weit, so gut!
Nachhaltiges Bauen ist eine auf die heutige Nachhaltigkeit ausgerichtete Bau- und Nutzungsweise. Angesprochen werden damit die Bewahrung von Ökosystem und Umwelt, der Nutzen für den Menschen und die Gesellschaft sowie Steigerung und Optimierung aller ökonomischen Potenziale des Gebäudes.
Nachhaltiges Bauen bezeichnet die Lebensdauer eines Gebäudes mit ihren Phasen – von der Planung über die Errichtung, Nutzung und den Betrieb bis zum Abriss. Hier bietet sich der Nachhaltigkeitsvergleich mit einem Auto an – von der Erstzulassung als Neufahrzeug bis zur Entsorgung mit amtlichem Verwertungszertifikat inklusive Abmeldung bei der Kfz-Zulassungsstelle.
Nachhaltigkeit – an die Nachfolgegenerationen denken
Im Mittelpunkt von Nachhaltigkeit steht ganz allgemein viel Rücksichtnahme auf die Nachfolgegenerationen. Hier kommen unter anderem Bodenschätze und Rohstoffe wie Holz, Wasser, Edelmetalle oder auch fossile Energien ins Spiel.
Diese Nachhaltigkeit in Form von Dauerhaftigkeit gilt auch und ganz besonders für den Hausbau. Jedes Gebäude ist aus vielerlei Gründen auf eine Lebensdauer über einige bis viele Jahrzehnte hinweg angelegt. Die Nutzungsdauer muss für mehrere Lebensabschnitte sowie Generationen geplant sein. Je weniger aufwändig Mehrfach- und Änderungsnutzungen am, im und mit dem Haus möglich sind, umso besser und desto nachhaltiger – Stichwort: barrierefreier Um- und Ausbau.
Drei Qualitätsmerkmale für nachhaltiges Bauen
Die Nachhaltigkeit und demzufolge auch nachhaltiges Bauen, wird gemäß dem 3-Säulen-Modell in die folgenden Kategorien aufgeteilt:
Ökologisch
Für den Hausbau werden ausschließlich schadstofffreie sowie umweltfreundliche Materialien genutzt. Das reduziert die mit Bau, Nutzung und Rückbau des Gebäudes verbundenen Umweltauswirkungen auf ein Minimum. Zu den natürlichen Baumaterialien gehören Natursteine und Holz, Lehm und Ziegel, mehrfachisolierte Holzfenster, natürliche Dämmstoffe, Klebstoffe auf Pflanzenbasis sowie Naturfarben.
Alle Materialien sollten möglichst langlebig sein, denn das verlängert den Sanierungszyklus und reduziert den damit verbundenen Bedarf an immer wieder neuen Materialien. Beim nicht nachhaltig bauen kommen Dämmwolle, Lacke, Sand und Kies sowie Kunststoffe auf Rohölbasis zum Einsatz.
Ökonomisch
Die Kosten für das nachhaltige und damit automatisch auch energieeffiziente Eigenheim sollten, über die gesamte voraussichtliche Nutzungsdauer gerechnet, denkbar gering sein und bleiben. Gemeint ist damit das Preis-Leistungs-Verhältnis im Vergleich zur Kaltmiete einer Mietwohnung.
So sollten möglichst viele regenerative beziehungsweise erneuerbare Energiequellen und Ressourcen wie Wind und Wasser, Sonne und Erdwärme genutzt werden. Dazu gehören die Installation einer Solaranlage, der Verzicht auf die ansonsten obligate Klimaanlage bei Ausrichtung des Hauses zur Sonnenseite hin – und natürlich eine ökologische Wärmedämmung.
Das i-Tüpfelchen von Nachhaltigkeit ist die Fragestellung, ob denn überhaupt neu gebaut werden muss – ist die nachhaltige Umgestaltung einer Bestandsimmobilie nicht auch eine zumutbare Möglichkeit?
Sozio-kulturell
Bauen ist nur dann und solange nachhaltig, wie der Hausbau von der näheren Umgebung akzeptiert und angenommen wird. Die Lebensqualität der vom Hausbau betroffenen Nachbarn und Anwohner darf nicht leiden oder dauerhaft beeinträchtigt werden. Rücksichtnahme ist auch hier gefragt.
Die Verschattung der Photovoltaikanlage auf dem Gebäudedach des Nachbargrundstückes ist ebenso konfliktbehaftet wie die Umwandlung des Naturschutzgebietes in ein reines Wohngebiet. Nachhaltigkeit im sozio-kulturellen Sinne beinhaltet als Grundidee Vorteile und Nutzen für alle Beteiligten und Betroffenen.
Nachhaltiges Bauen und Zertifizierung
BNK
Das Bewertungssystem Nachhaltiger Kleinwohnungsbau, in seiner Kurzfassung BNK, wurde Mitte der 2010er-Jahre vom damaligen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit veröffentlicht. Entwickelt wurde es ganz speziell für Häuser mit ein bis fünf Wohneinheiten unter dem Aspekt der Zukunftsfähigkeit dieser Gebäude – gesund, komfortabel, sicher.
Das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude, bekannt als QNG-Siegel, enthält die folgenden Nachhaltigkeitskriterien:
- Anpassungsfähigkeit und Flexibilität
- Barrierefreiheit
- Bauausführung (Qualitätskontrolle)
- Bewirtschaftungsvoraussetzungen
- Flächeneffizienz
- Flächeninanspruchnahme
- Lebenszykluskosten
- Nachhaltige Beschaffung
- Nutzungsanforderungen (Erfüllung)
- Projektvorbereitung (Qualität)
- Ressourceninanspruchnahme (Auswirkung auf die globale Umwelt)
- Risiken für Gesundheit und Umwelt
- Rückbau- und Recycelfreundlichkeit
- Schallschutz
- Thermischer Komfort
- Trinkwasserbedarf während der Nutzungsphase
- Visueller Komfort
DGNB
Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, kurz DGNB, hat gemeinsam mit dem damaligen Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung BMVBS ein Bewertungssystem für nachhaltiges Bauen entwickelt. Das 3-Säulen-Modell wurde um die Nachhaltigkeitskriterien Prozess-, Standort- und technische Qualität erweitert.
Mit dem DGNB-Zertifikat werden Häuser und Bauten ausgezeichnet, die umweltfreundlich und ressourcenschonend, funktional sowie behaglich sind – und die sich in ihr sozio-kulturelles Umfeld integrieren. Das Zertifizierungssystem wird für unterschiedliche bauliche Nutzungsprofile ständig fortentwickelt – darunter für selbstgenutzte sowie vermietete Wohngebäude.
Nachhaltigkeit als Notwendigkeit
Energieeffizienz sowie nachhaltiges Bauen sind kein Trend, sondern in diesen Jahren und Jahrzehnten eine dringende bis unverzichtbare Notwendigkeit. Klimawandel, Ressourcenplünderung respektive Ressourcenschonung sowie ein hohes Maß an Verantwortung für die Nachfolgegenerationen geben allen Beteiligten immer neue Zwänge vor – vom Bauherrn des Eigenheims im Grünen über die örtliche Baugenehmigungsbehörde bis hin zu Gesetzgebung und Rechtsprechung.
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