Baugenehmigungen sinken bundesweit, aber warum eigentlich?

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Vielerorts in Deutschland haben Wohnungssuchende Mühe, eine Wohnung zu finden, die ihren Vorstellungen und ihrem Budget entspricht. Gleichzeitig ist es auch für junge Paare, Familien und andere potenzielle Bauherren oft schwer, passende Angebote zu finden. Dennoch meldete das Statistische Bundesamt kürzlich einen bundesweiten Rückgang der Baugenehmigungszahlen. Was bedeutet das für all jene, die ihren Traum von den eigenen vier Wänden nicht aufgeben möchten, was sind die Gründe für weniger Baugenehmigungen und wo liegen möglicherweise Hindernisse für Bauherren?

Zahl der Baugenehmigungen erreicht tiefsten Stand seit 2018

Das Statistische Bundesamt veröffentlicht Woche für Woche aktuelle Daten zu den unterschiedlichsten Themengebieten. Zu den Meldungen der Statistiker, die in letzter Zeit für besonders viel Aufmerksamkeit sorgten, gehörte die kürzlich veröffentlichte Information über die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen, die im Laufe des Jahres 2022 bundesweit erteilt wurden.

Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen sinkt auf niedrigsten Stand seit 2018.

Quelle: Handelsblatt

Zahlreiche weitere Medien berichteten ausführlich über die Tatsache, dass im vergangenen Jahr deutschlandweit so wenige Baugenehmigungen für Wohnungen erteilt worden waren wie zuletzt vor fünf Jahren.

Besonders brisant war die Meldung über weniger Baugenehmigungen vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen Wohnungsmarktsituation. Wäre der Rückgang der Genehmigungszahlen in einer Zeit hoher Leerstände an den Wohnungsmärkten erfolgt, wäre das wahrscheinlich als fällige Korrektur einer Marktentwicklung wahrgenommen und entsprechend positiv bewertet worden.

Doch das genaue Gegenteil ist der Fall: Vor allem in den großen Metropolen und Ballungsräumen, aber auch in zahlreichen größeren Städten Deutschlands stehen kaum Wohnungen leer. Die Nachfrage ist oft deutlich größer als das Angebot.

Viele Marktbeobachter stellen sich daher die Frage, warum gerade in dieser Situation weniger und nicht – wie dies eigentlich zu erwarten sein sollte – mehr gebaut wird. Diese Frage ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil die Zahl der tatsächlich fertiggestellten Wohnungen erfahrungsgemäß signifikant geringer ist als die Zahl derjenigen, deren Bau ursprünglich einmal genehmigt wurde.

Statistiker nennen Gründe für weniger Baugenehmigungen

Um den Ursachen auf den Grund zu gehen, lohnt sich ein detaillierter Blick auf die Informationen der Statistiker. Zum einen lässt sich dort die Entwicklung in einzelnen Marktsegmenten im Detail nachvollziehen – zum anderen werden mögliche Gründe für die jüngsten Entwicklungen genannt.

Insgesamt registrierte das Statistische Bundesamt 2022 Baugenehmigungen für rund 354.400 neue Wohnungen. Das waren 26.300 Einheiten weniger als im Vorjahr. Gleichzeitig entsprach dies der geringsten Baugenehmigungszahl seit 2018.

Im Vergleich zum Vorjahr waren es fast sieben Prozent weniger genehmigte neue Wohnungen. Noch etwas stärker als im Bundesdurchschnitt fiel der Rückgang bei den Baugenehmigungen für Wohnungen aus, die in neu zu errichtenden Wohngebäuden geplant sind.

Es handelt sich also um „echte“ Neubauwohnungen im Unterschied zu denen, die nachträglich in bereits existierenden Gebäuden geschaffen werden sollen, beispielsweise durch Anbauten, Erweiterungen oder Ausbau von Dachgeschossen. Davon wurden im vergangenen Jahr 304.600 Einheiten genehmigt. Das waren 7,3 Prozent weniger als 2021, doch hat sich der Rückgang im Jahresverlauf merklich beschleunigt:

Ging die Zahl der Baugenehmigungen im ersten Halbjahr gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum nur um 2,1 Prozent zurück, so waren es im zweiten Halbjahr 2022 bereits 12,6 Prozent weniger Baugenehmigungen für Wohnungen als im zweiten Halbjahr 2021.

Das am stärksten betroffene Segment waren geplante Neubauten von Einfamilienhäusern, bei denen die Zahl der Baugenehmigungen im Gesamtjahr 2022 um 16,8 Prozent einbrach. Auch bei Zweifamilienhäusern war mit einem Minus von 14 Prozent bei den Baugenehmigungen ein besonders starker Einbruch zu beobachten.

Als wahrscheinliche Gründe für weniger Baugenehmigungen nannte das Statistische Bundesamt Material- und Fachkräftemangel, aber auch hohe Kosten für Baumaterialien und schwierigere Finanzierungsbedingungen. Darüber hinaus gibt es jedoch offensichtlich weitere Hindernisse für Bauherren, die nachvollziehbar sind, auch wenn sie sich nicht immer in konkreten Zahlen messen lassen.

Branchenverbände sehen Politik in der Verantwortung

Vertreter mehrerer bau- und immobilienwirtschaftlicher Branchenverbände haben in diesem Zusammenhang die Verantwortung der Politik betont und auf Hindernisse hingewiesen, mit denen Bauherren in der gegenwärtigen Situation zu kämpfen haben. So bezeichnete beispielsweise der Präsident des BFW Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen, Dirk Salewski, die besorgniserregende Entwicklung der Baugenehmigungszahlen als eine “Katastrophe mit Ansage”, welche vermeidbar gewesen sei.

Besonders im Fokus sieht er dabei die geplante GEG-Novelle und die dabei zu erwartenden Verschärfungen. Axel Gedaschko, Präsident des GdW Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, sieht die jüngsten Baugenehmigungszahlen als Indikator dafür, dass in Deutschland bezahlbares Wohnen auf absehbare Zeit Mangelware bleiben dürfte.

Von dem Ziel der Bundesregierung, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu schaffen, sei man weit entfernt.

In vielen Bau- und Immobilienunternehmen ist die Entwicklung ebenfalls ein Thema, und es wird mit hoher Dringlichkeit ein Umsteuern der Politik gefordert. Besonders kritisch sieht die Branche die Entwicklung im Bereich der Förderung energieeffizienter Neubauten, wo Verschärfungen der Anforderungen an förderfähige Projekte derzeit mit dem Auslaufen bisheriger Förderprogramme beziehungsweise deren Neuauflage mit reduzierten Fördervolumina zusammentreffen. Dies führe am Markt zu einer erheblichen Verunsicherung.

Um den Wohnungsbau tatsächlich zu stimulieren, brauche es jedoch verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit für Bauherren und Investoren. Außerdem sei eine besonders wirksame Förderung in ausreichender Höhe notwendig, wo das Bauen aufgrund der verschärften Anforderungen teurer werde.

Fertighausindustrie registriert 2022 weniger Neuaufträge

Der Bundesverband Deutscher Fertigbau e. V. (BDF) verweist darauf, dass die Eigenheime, die in Deutschland gebaut werden, nachhaltig, klimaschonend und zukunftsfähig seien. So habe sich beispielsweise der Neubau von Holzfertighäusern 2022 besser entwickelt als der konventionelle Eigenheimbau.

Der erreichte Marktanteil von Fertighäusern aus Holz sei so hoch wie nie zuvor gewesen. Unter den Baugenehmigungen, die 2022 für Ein- und Zweifamilienhäuser erteilt wurden, habe er bei 23,5 Prozent gelegen, nachdem es 2021 bereits 23,1 Prozent gewesen waren. Zehn Jahre zuvor seien erst etwa 15 Prozent der Baugenehmigungen auf Holzfertighäuser entfallen.

In absoluten Zahlen sei jedoch auch bei den Fertigbauten ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen gewesen. Insgesamt wurden dafür 21.646 Baugenehmigungen erteilt, und damit 14,9 Prozent weniger als noch 2021.

Nach Angaben des BDF sind die Unternehmen der Fertighausindustrie zwar dank ihres meist hohen Auftragsbestandes noch etwa bis zur Jahresmitte 2024 ausgelastet. Allerdings hat sich die Zahl der Neuaufträge 2022 spürbar verringert.

Pressemitteilung vom BDF lesen

Am Willen der Bauherren liegt es nicht

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Rückgang bei den Baugenehmigungszahlen zwar kein gutes Zeichen für die Entwicklung an den angespannten Wohnungsmärkten deutscher Großstädte und Ballungsräume, aber keinesfalls ein Indiz für mangelndes Interesse potenzieller Bauherren ist. Vielmehr wirkt die Kombination aus gesamtwirtschaftlichen Trends wie den steigenden Zinsen und Preisen einerseits und die Verschärfung relevanter Regelungen durch die Politik andererseits verunsichernd und hemmend.

Der Wunsch nach den eigenen vier Wänden ist heute immer noch so ausgeprägt wie in den zurückliegenden Jahren, wird aber derzeit offenbar weniger oft umgesetzt als früher.

Habt ihr eigene Erfahrungen zu diesem Thema, die ihr mit uns und unseren Leserinnen und Lesern teilen wollt? Habt ihr eigene Bauprojekte aufgeschoben, und falls ja, aus welchen Gründen? Dann hinterlasst uns gern einen Kommentar.

Titelbild: © kunakorn | stock.adobe.com

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