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Zur Treppe gehören im Regelfall nicht nur die Stufen, sondern auch ein Handlauf oder sogar ein Geländer. Denn wer möchte schon das Risiko eingehen, aus erschreckenden Höhen hinabzufallen? Treppen ohne Geländer haben sich allerdings zuletzt als optische Raffinesse in vielen Immobilien etabliert. Ganz gefahrlos ist der Trend nicht.
Luftig und transparent darf es in den modernen Wohnungen zugehen. Der Blick soll sich frei entfalten können. Gleiches gilt für die Bewohner. Sie lieben kombinierte Wohn- und Arbeitsbereiche, deren Übergänge fließend und scheinbar kaum vorhanden verlaufen.
Statt mehrerer Einzelzimmer wird das große Ganze angestrebt. Hindernisse stören da nur. Wo es passt, werden Wände entfernt, sodass ein offener Grundriss entsteht.
Verglaste Fronten sollen mehr Licht in die Immobilie lassen. Helle Anstriche und natürliche Rohstoffe sind gefragt bei der Innendekoration. Stein und Holz können mit ihren dunklen Tönen und einer interessanten Maserung den erwünschten Kontrast zu den Pastellfarben geben, die den Räumen und dem Mobiliar etwas Sinnliches und Wohnliches verleihen.
Treppen ohne Geländer – ein Trend setzt sich durch
Doch welche Rolle spielen Treppen bei dieser Planung? Auch sie folgen den vorgenannten Kriterien, müssen sich also nahtlos in das Haus einfügen.
Natürlich kommt hier neben den Stufen auch schnell die Frage eines Geländers auf. Insbesondere, wenn es sich um freistehende Treppen handelt, die nicht wenigstens an einer Seite von der Wand begrenzt sind. Ein Handlauf zu einer oder zu beiden Seiten dient zwar der Absturzsicherung – kann den ins Endlose schweifenden Blick aber stören.
Treppen ohne Geländer gelten bei Hausbauern daher gegenwärtig als sehr beliebt. Allerdings sollten vor Neubau und Sanierung die Baubestimmungen des jeweiligen Bundeslandes gelesen werden. Denn auch in der eigenen Immobilie muss sich der Eigentümer des Hauses an Regeln halten.
Die gesetzlichen Grundlagen der Absturzsicherung
Wer eine Treppe einbauen möchte, kommt an der DIN 18065 nicht vorbei. Das Deutsche Institut für Normung hat in dieser Regelsammlung alles zusammengetragen, was für eine Treppe relevant sein dürfte. Die Bestimmung wird daher von Hausbauern und Architekten oft verwendet.
5 WICHTIGE INHALTE DER DIN 18065
➥ Festlegung der maximalen und minimalen Maße für Steigungen, Auftritte und Treppenläufe.
➥ Definition verschiedener Treppentypen und Anforderungen an ihre Konstruktion.
➥ Vorschriften zur Sicherheit, einschließlich Gestaltung von Geländern und Handläufen.
➥ Spezielle Anforderungen an Treppen als Flucht- oder Rettungswege.
➥ Anforderungen zur Gewährleistung der Nutzbarkeit von Treppen für Menschen mit Behinderungen.
Zwei Besonderheiten bei der DIN 18065
Allerdings sind bei der DIN 18065 zwei Tücken zu beachten: Einerseits handelt es sich bei der DIN-Norm lediglich um eine Empfehlung, die freiwillig eingehalten werden kann. Eine Rechtsbindungswirkung entfaltet sie nicht.
Andererseits ist die DIN 18065 derart weitreichend formuliert worden, dass sie sehr viele Spielräume zur Interpretation besitzt. Eine klare Antwort kann sie also nicht auf die Frage geben, ob Treppen ohne Geländer verbaut werden dürfen.
Örtliche Bestimmungen maßgebend
Überhaupt lässt sich diese Frage nicht pauschal beantworten. Sie kann lediglich im Einzelfall geklärt werden. Entscheidend dafür sind die Bauordnungen, die von den Bundesländern eigenständig verfasst wurden.
Erschwerend kommt hinzu, dass sogar manche Städte und Kommunen innerhalb dieser Vorgaben eine eigene Bestimmung etabliert haben. So ist in einigen Gesetzen tatsächlich eine Absturzsicherung normiert – in den Regelungen anderer Bundesländer fehlt sie dagegen gänzlich.
Wer sich für Treppen ohne Geländer entscheidet, sollte daher vor dem Kauf bei der örtlichen Baubehörde nachfragen. Unter Umständen kann es hier zu einer Begehung der Baustelle kommen, bei der abschließend geklärt wird, ob der Einbau zulässig ist. Wer diesem Bescheid zuwiderhandelt, begeht übrigens eine Ordnungswidrigkeit.
Eine Absturzsicherung muss nicht immer vorliegen
Für die Planung gibt es jedoch einige sinnvolle Ratschläge. Treppen ohne Geländer können etwa dann verbaut werden, wenn sie – oder eine dazugehörige Plattform – die Höhe von einem Meter nicht überschreiten.
Handlauf und Geländer
Da derartige Ausformungen nur selten zu finden sind, der Optik im Wohnbereich aber dennoch Rechnung getragen werden soll, ist zwischen einem Handlauf und einem Geländer zu unterscheiden. So müssen Treppen mit einer Mindesthöhe von einem Meter wenigstens an einer Seite einen Handlauf aufweisen.
Hierbei kann es sich also um eine Wand handeln, an der Vorrichtungen angebracht sind, an denen sich der Treppennutzer festhalten kann. Ein stabiles Geländer, das auch die Außenseite absichert, ist nicht zwingend erforderlich.
WAS IST DER UNTERSCHIED ZWISCHEN EINEM HANDLAUF UND EINEM GELÄNDER?
Handläufe bieten Halt und Stabilität auf Treppen und Rampen, mit einer ergonomischen Greifform. Sie zielen auf direkte Interaktion. Geländer hingegen schützen als Barrieren vor Abstürzen von erhöhten Bereichen, bestehend aus Stützpfosten und Handlauf, um Überklettern zu verhindern. Geländer vereinen Sicherheit mit Design, Handläufe fokussieren auf Ergonomie.
Notwendige und nichtnotwendige Treppen
Notwendig ist eine Treppe immer dann, wenn sie zwei Wohngeschosse miteinander verbindet. In diesem Fall ist stets eine Absturzsicherung anzubringen – sei es als Geländer oder als Handlauf. Näheres lässt sich lediglich im Einzelfall bestimmen.
Verbindet die Treppe aber beispielsweise ein Wohngeschoss mit dem Dachboden oder mit dem Keller, so ist sie nicht mehr notwendig. Hier können eine oder beide Seiten ohne Absicherung errichtet werden.
Treppen ohne Geländer dürfen darüber hinaus bei hängenden Böden, halben Etagen oder ähnlichen Vorrichtungen genutzt werden. Auch hier gilt jedoch, dass im Zweifelsfall vor dem Einbau die örtliche Baubehörde kontaktiert werden sollte.
Die Vorteile einer Absturzsicherung
Treppen ohne Geländer liegen im Trend. Sie wirken leicht und transparent, fügen sich also ganz in die gegenwärtigen Vorlieben für Architektur und Einrichtung ein.
Ganz gefahrlos sind Treppen ohne Handlauf allerdings nicht. Insbesondere Kinder, Senioren sowie geschwächte Personen finden mit dem Geländer eine willkommene Möglichkeit, sich selbst beim Treppensteigen ein wenig mehr Stabilität und Standfestigkeit zu verleihen.
Mancher Sturz wurde durch den beherzten Griff an den Handlauf bereits vermieden. Wer darauf verzichten möchte, riskiert im schlimmsten Fall Schmerzen, Knochenbrüche und Schlimmeres. Gerade eher schmal ausfallende Treppen ohne Geländer können daher echte Gefahren darstellen und sollten nachgerüstet werden. Die Sicherheit ist hier stets wichtiger als die Optik.
Demgegenüber soll die Optik an dieser Stelle nicht gänzlich vernachlässigt werden. Eine Absturzsicherung dient nicht nur den Bewohnern beim Betreten der Treppe. Vielmehr kann sie auch bewusst in das Erscheinungsbild von Haus und Wohnung einbezogen werden.
Vor allem natürliche Holztöne verleihen der Immobilie einen warmen und vor allem sinnlichen Charme. Handläufe aus Stein besitzen dagegen eine robuste, wenn auch kältere Aura.
Mit etwas Kreativität und einem guten Architekten lassen sich daher alle Wünsche und Bedürfnisse optimal miteinander kombinieren. Und wer Treppen ohne Geländer favorisiert, auf eine solide Absturzsicherung aber nicht verzichten möchte, kann aus Glas gefertigte Blenden auswählen. Sie stehen dem freien Blick nicht im Wege, vermeiden aber manchen Sturz von den Stufen.
So entspricht die Absturzsicherung dem Gesetz
Eine Treppe muss vor dem Einbau durch die Baubehörde genehmigt werden. Einerseits spielen hier die bereits erwähnten Wünsche und Bedürfnisse des Nutzers eine wichtige Rolle. Er soll sich für ein Modell entscheiden, das ihm gefällt. Andererseits kommt erneut die DIN 18065 ins Spiel, auf deren Basis die Bundesländer ihre Baugesetze zur Frage der Treppen ausformuliert haben.
Konkret ergibt sich daraus, dass jede Stufe und jede Plattform, die mindestens einen Meter über dem Fußboden liegt, eine Absturzsicherung aufweisen soll. Ob dabei ein Handlauf oder ein Geländer gewählt wird und ob dieses beidseitig oder lediglich auf einer Treppenseite montiert werden muss, ist im Einzelfall zu klären.
Beträgt die Absturzhöhe also wenigstens einen Meter, so ist eine Absicherung anzubringen, die mindestens 90 Zentimeter hoch ausfällt. Das dürfte in den meisten Wohnhäusern der Fall sein.
Änderungen an dieser Grundregel ergeben sich erst bei Absturzhöhen, die bei mindestens zwölf Metern liegen. Hier wären lediglich Geländer zulässig, die die Höhe von 1,10 Metern nicht unterschreiten.
Beide Maße dienen übrigens nicht alleine der Sicherheit. In diesen Höhen angebrachte Handläufe sind für die meisten Menschen bequem zu erreichen und werden daher selbst im Notfall instinktiv ergriffen. Weist der Durchmesser einen Wert zwischen drei und fünf Zentimetern auf, kann der Handlauf sowohl von Kindern als auch von Erwachsenen fest umschlossen werden.
Mit oder ohne Geländer – das ist hier die Frage
Treppen ohne Geländer besitzen ihren Reiz. Die oft klobig wirkende Verbindung zwischen zwei Stockwerken kann sich mit einigen Raffinessen durchaus leicht und schlank in das Gesamtbild der Immobilie einfügen.
Sowohl die Treppe mit Geländer als auch die Treppe ohne Geländer haben ihre Vorteile, wie ihr der folgenden Auflistung entnehmen könnt:
TREPPE MIT GELÄNDER
✓ erhöhte Sicherheit
✓ Unterstützung bietet Halt
✓ verhindert Stürze
✓ fördert Barrierefreiheit
✓ ästhetische Gestaltungsmöglichkeiten
TREPPE OHNE GELÄNDER
✓ minimalistisches Design
✓ Raum wirkt größer
✓ weniger Materialkosten
✓ einfachere Reinigung
✓ unverstellte Sicht
Tatsächlich lohnt sich der Verzicht auf eine Absturzsicherung nur dort, wo die Treppen breit genug ausfallen, um genügend Sicherheit zur Vermeidung von Unfällen zu geben. Unter solchen Rahmenbedingungen können Haushalte, die von einer geringen Anzahl an Personen oder einem Single bewohnt werden, optimal mit Treppen ohne Geländer glücklich werden.
Allgemein sollte im Einzelfall also nicht die Frage entscheidend sein, welches Treppenmodell am besten aussieht und sich am ehesten in das Design der Immobilie eingliedert, sondern welches Konzept die meiste Sicherheit für alle Bewohner bietet. Ideal ist die Entscheidung immer dann, wenn sich beide Aspekte kombinieren lassen.
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