Der Bausparvertrag – Ideallösung oder längst überholt?

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Nach Jahren der Flaute soll der Bausparvertrag derzeit ein großes Comeback feiern. Die Branche verkündete nach dem Anstieg der Bauzinsen so hohe Anschlusszahlen wie schon lange nicht mehr. Doch ist ein Bausparvertrag sinnvoll und wirklich noch zeitgemäß? Oder gibt es selbst bei hohen Zinsen alternative Baufinanzierungen? Wir gehen dieser Frage nach.

Der Bausparvertrag erlebt ein Comeback

Jahrelang waren die Bauzinsen so tief, dass kaum noch jemand nach einem Bausparvertrag fragte. Die Finanz- und Baufinanzierungsexperten wollten diese Form der Grund-Immobilienfinanzierung schon für immer in die Mottenkiste verbannen, doch dann änderten sich die Zeiten wieder.

Wir erleben derzeit eine Inflation. Als Gegenmaßnahme wurde der Leitzins angehoben: Für Häuslebauer, Immobilienkäufer und Modernisierer bedeutet dies, dass Kredite wieder deutlich teurer werden – und genau das verleiht dem Bausparen neuen Auftrieb.

Nach der Krise und den teils besorgniserregenden Vorhersagen von Finanzexperten suchen Menschen wieder Sicherheit. Der Bausparvertrag reicht zwar in der Regel nicht, um einen Immobilienkauf oder einen Hausbau komplett zu finanzieren, dennoch bietet er zumindest die Sicherheit eines Startguthabens und der fest vertraglich vereinbarten Zinsen für das Bauspardarlehen.

Die aktuelle Zinsentwicklung

Sparer freuen sich über die aktuelle Zinsentwicklung, denn die Spareinlagen bei den Banken werden nun wieder mit besseren Zinsen belohnt.

Wer dagegen in naher Zukunft ein Eigenheim mit einem Baukredit finanzieren will, schaut besorgter in die Zukunft. Der durchschnittliche Zins für ein Baudarlehen von der Bank mit zehnjähriger Laufzeit hat sich zu Jahresbeginn von weniger als einem Prozent auf inzwischen fast drei Prozent Zinsen pro Jahr verdreifacht.

Momentan ist nicht absehbar, wie sich die Inflation und der Zinstrend weiter entwickeln werden. Bauzinsen, die die 6 oder 9 Prozentmarke überschritten haben, waren noch vor 20 oder 30 Jahren normal. Solche Zinsen könnten auch in Zukunft wieder erreicht werden.

Die Darlehenszinsen der Bausparkassen sind mit circa 1,5 bis 2,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Wenn ihr heute einen Bausparvertrag abschließt, gelten diese vertraglich zugesicherten Zinsen mindestens bis zur Zuteilungsreife und bei vielen Verträgen auch noch darüber hinaus.

Die unsichere Lage und die Vermarktungsstrategie der Bausparkassen haben schon im vergangenen Jahr zu einem deutlichen Zuwachs der Neuabschlüsse geführt. 2021 bestanden in Deutschland rund 24 Millionen Bausparverträge – 1,4 Millionen davon waren Neuabschlüsse. Seit Frühjahr 2022 verzeichnen die Bausparkassen sogar Zuwächse von bis zu 50 Prozent.

So funktioniert Bausparen

Bausparen soll euch dabei helfen, zumindest die empfohlenen 10 Prozent Anzahlung für eine Immobilie oder die Baukosten eines Hauses anzusparen. Bei einem Kaufpreis von 500.000 Euro beträgt diese Summe 50.000 Euro.

Bausparsumme festlegen

Vor Vertragsabschluss legt ihr die Bausparsumme fest. Möglich sind die genannten 50.000 Euro, Verträge über 100.000 Euro oder mehr sind auch möglich. Je mehr Geld ihr am Beginn einer Immobilienfinanzierung schon sicher habt, umso besser.

Sparphase

Nach Vertragsabschluss beginnt ihr monatlich mit dem Einzahlen bestimmter Raten. Ihr könnt auch mehr als die vereinbarten monatlichen Sparbeträge einzahlen, doch auf dieses überzählige Guthaben bekommt ihr in der Regel keine Guthabenzinsen. Die fallen beim Bausparen sowieso mickrig aus, weswegen dieser Punkt auch vernachlässigt werden kann.

Viel wichtiger sind das Erreichen der Zuteilungsreife und der zugesicherte Zinssatz für das Bauspardarlehen. Bekommt ihr von eurem Arbeitgeber vermögenswirksame Leistungen, sind Bausparverträge eine mögliche Anlageform.

Zuteilungsreife

Habt ihr 40 bis 50 Prozent der vereinbarten Bausparsumme erreicht, spricht man von der Zuteilungsreife. Jetzt könnt ihr für die restlichen 50 bis 60 Prozent ein Darlehen von der Bausparkasse bekommen, das mit dem festgeschriebenen Prozentsatz verzinst wird. Auf dieses Darlehen habt ihr ein Recht und die Zinsen sind völlig unabhängig vom Leitzins.

Durch die Niedrigzinsen der letzten Jahre waren die vereinbarten Zinssätze der Bausparverträge teilweise schlechter oder etwa gleichwertig wie die eines Baukredites von der Bank.

Immobilienkauf oder -bau

Das Darlehensangebot der Bausparkasse ist an einen Immobilienkauf, einen Immobilien-Neubau oder die Verwendung für Modernisierungen an einer Immobilie, die sich bereits in eurem Besitz befindet, gebunden. Ihr müsst das Darlehen also zwingend für einen dieser Verwendungszwecke nutzen.

Rückzahlphase

Direkt mit der Inanspruchnahme des Bausparkredits beginnt die Rückzahlung und diese läuft dann oft parallel zur Tilgung eines weiteren Kredits.

Weitere Möglichkeiten

Ihr könnt euch die bis zur Zuteilungsreife angesparte Summe auch auszahlen lassen und für etwas anderes verwenden – einen Bausparkredit bekommt ihr in diesem Fall aber nicht. Ihr könnt den Kredit bei vielen Bausparverträgen auch noch einige Jahre nach der Zuteilungsreife in Anspruch nehmen und den Vertrag so lange ruhen lassen.

Selbstverständlich könnt ihr einen Bausparvertrag auch vor der Zuteilung oder nach der Zuteilungsreife kündigen (z. B. wenn ihr die Beträge nicht mehr aufbringen könnt). Doch in diesem Fall hat der Bausparvertrag Nachteile durch die verlorenen Gebühren.

Vorteile eines Bausparvertrags

Aus der bisherigen Betrachtung ergeben sich folgende Vorteile:

  • Bausparen bietet euch über viele Jahre hinweg vertraglich zugesicherte Zinssätze für die Kreditvergabe.
  • Ab der Zuteilungsreife (40 bis 50 Prozent der Bausparsumme sind erreicht) habt ihr einen Anspruch auf den Kredit.
  • Den Kredit müsst ihr nicht sofort in Anspruch nehmen.
  • Die Bausparsumme könnt ihr euch ab der Zuteilungsreife auch auszahlen lassen und das Geld für einen anderen Zweck als einen Immobilienerwerb oder –kauf verwenden.
  • Durch zusätzliche Einzahlungen erreicht ihr die Zuteilungsreife schneller.
  • Bausparen eignet sich auch für Modernisierungsmaßnahmen (z. B. Wärmschutzmaßnahmen und Investitionen in erneuerbare Energien) an einer Immobilie, die sich bereits in eurem Besitz befindet.

Bausparvertrag Nachteile

So weit klingt die Idee vom Bausparen gut. Doch absolute Planungssicherheit habt ihr auch mit einem Bausparvertrag nicht.

  • Der Zuteilungszeitpunkt ist nicht sicher: Es hängt ganz von den Beträgen ab, die ihr einzahlen könnt und wann die für die Zuteilungsreife notwendigen 40 bis 50 Prozent erreicht sind. Persönliche und wirtschaftliche Gründe sowie unkalkulierbare Faktoren wie die Corona-Krise können für Schwankungen und Zahlungsausfälle sorgen.
  • Die Tilgungsraten für den Bausparkredit sind hoch: Nehmt ihr den Kredit von der Bausparkasse in Anspruch, beginnt sofort auch dessen Tilgung. Habt ihr  für den Immobilienerwerb oder –bau zusätzlich ein Baudarlehen von der Bank in Anspruch genommen, besteht eine Doppelbelastung.
  • Die Gebühren sind teuer: Je nach Bausparkasse werden 1 bis 1,6 Prozent der Bausparsumme fällig. Diese Gebühren wurden schon oft stark kritisiert, trotzdem sind sie rechtens. Bei einer Bausparsumme von 100.000 Euro belaufen sich die Gebühren auf 1.000 bis 1.600 Euro.
  • Zusätzliche Kontoführungsgebühren: Neben der Abschlussgebühr werden von den Bausparkassen monatliche Kontoführungsgebühren erhoben und in Abzug gebracht.
  • Schlechte Zinsen: Als Sparanlage ist der Bausparvertrag zwar eine der sichersten Anlageformen, doch bei der sehr geringen Guthabenverzinsung ist die Rendite minimal und nicht mit anderen Sparformen vergleichbar.

Für wen ist ein Bausparvertrag sinnvoll, vor allem jetzt?

Wenn ihr in den nächsten Jahren Wohneigentum anschaffen wollt, könnt ihr von den sicheren Zinsen des Bausparvertrags profitieren. Sinkt der Leitzins wieder und werden die Baukredite wieder günstiger, können die Vorteile eines Bausparvertrags aber auch schnell dahin sein – was bleibt, sind die Gebühren und schlechte Zinsen auf das Guthaben.

Bekommt ihr vermögenswirksame Leistungen, kann Bausparen die passende Anlageform sein. Durch die nicht ganz unerheblichen Bausparvertrag Nachteile gibt es hier allerdings auch modernere und flexiblere Anlagen, die ebenfalls zur Immobilienanzahlung genutzt werden können.

Gibt es Alternativen?

Möchtet ihr nur die 10 Prozent Anzahlung für eine Immobilie ansparen, könnt ihr das auch mit einem Banksparplan oder Aktienfondssparplan tun. Ein Annuitätendarlehen mit gleichbleibender Ratenhöhe und langer Zinsbindung ermöglicht euch auch bei steigenden Bauzinsen einen Immobilienkauf oder einen Hausbau.

Worauf sollten angehende Bausparer beim Abschluss eines Bausparvertrages unbedingt achten? Vergleiche immer Verträge und Tarife mehrerer Bausparkassen. Achte dabei auf die Zinssätze, Gebühren, Kontoführungsbedingungen sowie Rückzahlungsmodalitäten für den Kredit.

In der Vergangenheit kam es bereits vor, dass Bausparkassen bei hohen Zinsen versuchten, alte Bausparverträge mit niedrigen Zinsen zu kündigen. Achte also auch auf die Kündigungsbedingungen bzw. recherchiere im Netz, welche Erfahrungen andere Bausparer mit der entsprechenden Bausparkasse gemacht haben.

Ist Bausparen wirklich noch zeitgemäß?

Die hohen Abschlussgebühren scheinen heute mehr eine wenig verbraucherfreundliche Tradition als eine wirklich notwendige Abgabe zu sein. Es wäre wünschenswert, wenn die Bausparkassen dieses Vorgehen zukünftig zugunsten der Kunden ändern.

Auch die schlechte Guthabenverzinsung ist nicht sonderlich attraktiv. Hier bietet der Geldmarkt bessere Anlageformen. Trotzdem werden aufgrund der Unsicherheiten auf dem Geldmarkt und unvorhersehbaren Entwicklungen im Zinsbereich insbesondere Sparer mit hohem Sicherheitsbedürfnis die Vorteile eines Bausparvertrags weiter zu schätzen wissen.

Von einer Wiederauferstehung der Bausparverträge zu sprechen, wäre derzeit trotzdem zu früh. Wir müssen weiter abwarten, wie sich die Inflation und die Zinsen entwickeln und ob die Finanzbranche sowie der Staat mit anderen Fördermethoden reagieren. Wer Wohneigentum haben möchte, findet nicht zuletzt auch dank staatlicher Förderungen sicher auch ohne Bausparvertrag einen Weg.

Seid ihr euch unsicher, ob in eurem ganz persönlichen Fall ein Bausparvertrag sinnvoll wäre, könnt ihr euch von unabhängigen Verbraucherzentralen beraten und eure persönlichen Möglichkeiten zur Baufinanzierung prüfen lassen.

Bildquelle: © Robert Kneschke | stock.adobe.com

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