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Die meisten Menschen können eine eigene Immobilie nur mithilfe eines langfristigen Kredites von einer Bank finanzieren. Die Lebensumstände und der eigene Finanzrahmen können sich jedoch ändern und eine vorzeitige Kündigung erfordern. Welche Möglichkeiten gibt es, den Kreditvertrag aufzulösen und die Restsumme früher als geplant zurückzuzahlen, ohne bei der Kündigung draufzuzahlen?
Wann ist eine Kündigung der Baufinanzierung sinnvoll?
Eine Kündigung der Baufinanzierung steht unter anderem an, wenn sich die persönlichen Umstände dahingehend ändern, dass die eigene Immobilie verkauft (oder abgegeben) werden soll. Dieser Fall begründet ein sogenanntes berechtigtes Interesse des Kreditnehmers, das Vertragsverhältnis zu beenden und erlaubt ihm diesen Schritt auch vor Ablauf der Zinsbindung oder anderer Fristen.
Oft kann sich durch die Auflösung des Kreditvertrages aber auch ein finanzieller Vorteil ergeben, weil eine Umschuldung zu einem anderen, neuen Kreditvertrag günstigere Zinsen verspricht oder weil es eine Möglichkeit gibt, die verbleibende Schuld früher zurückzuzahlen. Dadurch ist jedoch noch kein berechtigtes Interesse gegeben, das euch erlauben würde, einseitig aus dem Vertrag auszusteigen. Es kann aber andere Gründe geben, die euch eine Kündigung ermöglichen.
Die Vorfälligkeitsentschädigung
Die Verträge für Baufinanzierungen laufen üblicherweise über 10 bis 30 Jahre und sollen beiden Vertragspartnern Verlässlichkeit bieten. Durch die Zinsbindung, die im Vertrag in der Regel ebenfalls für eine bestimmte Zeit festgelegt ist, sichert sich die Bank Zinseinnahmen in einer bestimmten Höhe.
Für den Fall, dass ihr vorzeitig die Baufinanzierung kündigen möchtet und dafür auch ein berechtigtes Interesse nachweisen könnt, steht daher eine hohe Vorfälligkeitsentschädigung in den Vertragsbedingungen. Diese soll die Bank für den Verlust der Zinszahlungen entschädigen und ist für euch teuer: Eine Forderung von ungefähr zehn Prozent der Restschuld ist nicht ungewöhnlich. Die Höhe der geltend gemachten Entschädigung ist allerdings oft nicht angemessen, sodass ihr die Berechnung von unabhängiger Seite überprüfen lassen solltet.
Habt ihr nicht das sogenannte berechtigte Interesse auf eurer Seite, sondern seid auf eine Einigung mit der Bank angewiesen, werdet ihr kaum um eine hohe Vorfälligkeitsentschädigung herumkommen, welche die finanziellen Vorteile der gewünschten Kündigung vermutlich zunichtemacht.
Baufinanzierung kündigen ohne Entschädigungszahlung
Sieht der Kreditvertrag jedoch keine feste, sondern eine variable Verzinsung vor, könnt ihr ihn jederzeit mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen. Dann habt ihr nach dem Ablauf der Kündigungsfrist 14 Tage Zeit, die verbleibende Restschuld zu begleichen, um die Kündigung wirksam zu vollziehen.
Ist bei einer fest vereinbarten Verzinsung das Ende der Zinsbindungsfrist erreicht, könnt ihr das Darlehen zu diesem Zeitpunkt ebenfalls ohne Vorfälligkeitsentschädigung und ohne das Vorliegen weiterer Gründe kündigen. Ihr beendet den Kredit dann mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Datum, an dem die Zinsbindung endet und habt ebenfalls 14 Tage Zeit, die Restsumme zu bezahlen.
Komplizierter ist es, wenn es sich um eine Baufinanzierung mit einer fest vereinbarten Verzinsung handelt, deren Laufzeit noch nicht beendet ist. Zunächst lohnt es sich zu prüfen, ob die Bank bei der Formulierung des Vertrages Fehler gemacht hat. Dann könnt ihr ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung eure Baufinanzierung kündigen.
Ab dem 21. März 2016 sind die Banken nämlich verpflichtet, bestimmte Pflichtangaben klar und nachvollziehbar im Vertrag zu regeln. Eine ungenügende Widerrufsbelehrung oder unzureichende Angaben zur Laufzeit des Vertrags, zum Kündigungsrecht oder zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung führen dazu, dass die Bank den Anspruch auf diese Entschädigung bei einer vorzeitigen Kündigung verliert und ihr auch keine weiteren Kündigungsgründe benötigt.
Die Verbraucherzentralen können euch hierbei mit detaillierteren Informationen weiterhelfen. Solltet ihr euren Kreditvertrag aufgrund derartiger Ungenauigkeiten ohne Entschädigung kündigen wollen, empfiehlt sich auf jeden Fall die Unterstützung durch einen Anwalt.
Unabhängig von allen sonstigen Regelungen kann der Kreditnehmer nach zehn Jahren auch durch das Sonderkündigungsrecht ohne eine Entschädigungszahlung kündigen.
Das Sonderkündigungsrecht
Der Kreditnehmer hat nach §489 des Bürgerlichen Gesetzbuches die Möglichkeit zu einer ordentlichen Kündigung des Vertrages. Bei der Anwendung dieses sogenannten Sonderkündigungsrechts entfällt die Vorfälligkeitsentschädigung, auch wenn der Vertrag eine längere Zinsbindung vorgesehen hätte. Dieses Recht besteht, sobald exakt zehn Jahre seit dem Datum der vollständigen Auszahlung des Kredites vergangen sind.
Ab diesem Zeitpunkt kann der Vertrag gekündigt und entweder die gesamte noch ausstehende Kreditsumme oder ein Teil der Restschuld zurückgezahlt werden. Hierfür gilt eine Kündigungsfrist von sechs Monaten, nach deren Ablauf ihr 14 Tage Zeit habt, eure Schuld zu begleichen. Die Bank hat in diesem Fall keinen Anspruch mehr auf die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung. Ihr müsst kein berechtigtes Interesse nachweisen, um vom Sonderkündigungsrecht Gebrach zu machen.
Fazit
Die Kündigung einer Baufinanzierung sollte gut geplant und durchdacht sein. Es gibt rechtliche Grundlagen, die eine Kündigung aufgrund bestimmter Gründe oder nach Ablauf bestimmter Fristen erlauben, ohne dass eine Entschädigung an die Bank gezahlt werden muss. Da es um viel Geld geht und teilweise juristische Feinheiten eine Rolle spielen, ist im Einzelfall eine Beratung durch Verbraucherzentralen oder von anwaltlicher Seite dringend zu empfehlen.
Wenn euer Ziel ist, durch eine Umschuldung Zinsen zu sparen, müsst ihr euch zudem gleichzeitig schon um einen neuen Kreditvertrag bemühen, der euch den erwünschten Vorteil bringt. Dabei ist zu beachten, dass bei einem Wechsel zu einem anderen Finanzinstitut auch die Kosten für die Umschreibung des Grundbuches einzukalkulieren sind. Die sorgfältige Vorbereitung ist nicht zuletzt deshalb wichtig, weil die Kündigung nur dann wirksam wird, wenn ihr die Restsumme innerhalb der vorgegebenen Frist von 14 Tagen bezahlt.
Wir hoffen, dass wir euch mit diesem Überblick über das Thema Kündigung von Baufinanzierungen weiterhelfen konnten und freuen uns über Kommentare.
Bildquelle: © Natee Meepian | stock.adobe.com
Vielen Dank für den informativen Überblick. Am Anfang einer Baufinanzierung rechnet man natürlich nicht mit einer Kündigung, aber Lebensumstände können sich in der Tat ändern. Wir erleben das ja gerade in der Pandemie. Manch sicher geglaubter Job wird gestrichen. Auch Ehen können zerbrechen. Und es gibt auch Schicksalschläge, die man niemanden wünscht. In solchen Situationen kann es zu einer Kündigung kommen. Es ist sicher immer die letzte aller abgewogenen Möglichkeiten. Wichtig ist, dass man sich Hilfe holt. Das kann auf finanzielle Ebene ein Schachverständiger, Rechtsanwalt oder Steuerberater sein. Häufig ergeben sich so passende Lösungen.
Liebe Linda,
besten Dank für Ihren Kommentar. Gründe um eine laufende Baufinanzierung kündigen zu müssen, gibt es leider viele. Wir sind jedoch weiterhin guter Dinge, dass dies nur eine Ausnahme ist. Aber ja, sofern es doch vorkommt sollte man auch auf die von Ihnen genannten Personen zurückgreifen.
Beste Grüße,
Ihr BauMentor-Team.